Hier zeigen wir Ihnen eine Übersicht über die bisherigen Ergebnisse der Steinbeis-BI Reifegradumfrage zusammen mit unseren Kommentaren.
Der Steinbeis Reifegrad dient der Bestimmung der Qualität der strategischen und operativen Prozesse in Unternehmen und Organisationen. In Anlehnung an die US-amerikanische CMMI Methode zur Reifegradbestimmung verwenden wir 6 Reifegradstufen jeweils unterteilt in ein unteres, mittleres und oberes Niveau. Stufe 5 repräsentiert die "best-in-class" Reifegrade, während Stufe 6 die absoluten "best practices" repräsentiert.
Auf der Website des Steinbeis-BI befindet sich der Reifegrad Quicktest, der online eine Reifegradebestimmung erlaubt. Parallel dazu führt das Steinbeis-BI weitere Tests zur Reifegradbestimmung durch. Die Ergenisse sind im Folgenden für die 10 Fragegruppen dieser Reifegradests dargestellt und kommentiert.
Frage 1:
Etwa 1/3 der befragten Unternehmen, dies ist eine deutliche Mehrheit, haben eine nur durchschnittliche Aufgabenverteilung und somit ein eher unterentwickeltes Verhältnis zu einer umfassenden, ganzheitlichen Ausrichtung ihrer strategisch relevanten Prozesse. Zieht man die Antwortgruppe 6 mit weiteren 12,2% der Antworten und die Gruppe 7 mit weiteren 20,7 % der Antworten hinzu, kommen wir sogar auf 64,6 % der Unternehmen, die diese verbesserungsbedürftige Prozessqualität aufweisen.
Nur 13,4 % der Unternehmen liegen in den beiden obersten Antwortbereichen. Unserer Erfahrung nach verfügen solche Unternehmen regelmäßig über ein ausgearbeitetes Strategiemanagement etwa in Form von Balanced Scorecards, zumindest aber über schriftlich dokumentierte "Strategy Maps" mit einer klaren Auflistung der strategischen Ziele.
Eine ausgewogene Zuständigkeitsverteilung für die Ziele solcher Strategy Maps unterstreichen auch den Teamcharakter eines guten Managements.
Frage 2:
Die Ergebnisse zu Frage 2 sind von den beiden Antwortgruppen 6 und 7 geprägt. Frage 2 hat Bezug zur Kundenorientierung als wesentliches Erfolgselement moderner, leistungsfähiger Unternehmen. Nur unter der Voraussetzung, dass das Management insgesamt ein klares gemeinsames Verständnis davon hat, welchen Kundennutzen die am Markt angebotenen Produkte und Dienstleistungen bewirken sollen, ist eine Kundenorientierung überhaupt durchführbar.
Mit 53,3% sagen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen aus, dass dieses Verständnis nur unzureichend ausgeprägt ist. 46,5% der Unternehmen haben ein gemeinsames Verständnis für den Kundennutzen ihrer Produkte und Dienste, immerhin davon fast 10% auf dem höchsten Niveau. Noch wesentlich deutlicher wird dieses Ergebniss bei der Befragung von nur solchen Organisationseinheiten, die nur unternehmensintern Hilfs- oder Unterstützungsprozesse für andere Unternehmenseinheiten "anbieten".
Aus unserem parallel durchgeführten ipsatorischen Fragenset mit dem gleichen Fragen wissen wir zu Frage 2, dass die Unternehmen mit dem Begriff des Kundenutzens insgesamt nur unzureichend umgehen können. Die Doppelspitze zu den beiden Antwortgruppen 6 und 7 zeigt diese Spaltung bzw. Unsicherheit bei den Antworten.
Frage 3:
63,4% der befragten Unternehmen geben eine gute bis sehr gute Kundenorientierung an. Die Häufung in der Antwortgruppe 8 deutet allerdings in Verbindung mit den Unterstützungs-bzw. Testfragen darauf hin, dass diese Kundenorientierung oft eher ein Wunschdenken als Realität ist. Insgesamt stellt uns dieses Ergebniss aber zufrieden. In vielen Unternehmen schlummern erhebliche Verbesserungspotenziale.
Frage 4:
Die Antworten zu Frage 4 weisen eine starke Streuung über praktisch alle Antwortgruppen (ausser den Antwortgruppen 1 und 2, die ohnehin kaum angekreutzt werden) auf. Daraus ergibt sich, dass etwa die Hälfte der befragten Unternehmen eine gut ausgeprägte Delegationskultur aufweisen, während die andere Hälfte sich schwer tun, Mitarbeitern mehr Verantwortung bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu geben. Frage 4 hat eine hohe Gewichtung für die Prozessperformance insgesamt. Es zeigen sich für die Verantwortungskultur erhebliche Verbesserungspotenziele.
Frage 5:
Frage 5 zeigt ähnliche Ergebnisse wie Frage 1. Mit 56,1 % geben deutlich mehr als 50% der befragten Unternehmen an, Jahresziele für Ihre Führungskräfte fomuliert zu haben. Auch hier zeigt unsere Paralleluntersuchung mit dem gleichen Fragenset, dass die Jahreszielformulierungen mehr aus der Personalentwicklung und dem Entlohnungs- bzw. Tantiemesystem resultieren als aus einer systematischen Aufstellung strategischer Unternehmenszielen. Dies erklärt auch, warum nur 11% der Unternehmen die beiden obersten Antwortgruppen angekreuzt haben. Es mangelt also eindeutig an einer durchgehenden Strategieorientierung für alle Führungskräfte.
Frage 6:
Frage 6 ist die Basisfrage zur Erfassung der Teamorientierung. Insgesamt ist es darum nur durchschnittlich gut bestellt. Auch nur 2,4 % der befragten Unternehmen vergeben in diesem sehr wichtigen Bereich für eine hervorragende Prozessperformance eine 10. Der Durchschnitt liegt bei nur 6 Punkten von 10 möglichen und lässt auf erhebliche Defizite bzw. Verbesserungspotenziale schließen.
Frage 7:
Ein sehr heterogenes Ergebnis zeigt die Prozessperformance für die Informationsprozesse. Dieses Befragungsergebnis deckt sich mit unseren Beratungserfahrungen. Fast 20% der Unternehmen geben eine gute bis sehr gute Informationsprozessperformance an. Diese Antworten stimmen mit den Ergebnissen für die Gesamtperformance in den untersuchten Prozessen überein. Allerdings zeigt sich in den Antwortgruppen 4-6 eine fast gleichmäßige Streuung der Antworten, was auf erhebliche Defizite in der Systematik der Informationsprozesse hindeutet. Zumindest lässt sich ableiten, dass sich die Führungskräfte in etwa der Hälfte der befragten Unternehmen nur unzureichend und nur unsystematisch informiert fühlen, um Ihren Führungaufgaben auch voll gerecht werden zu können. Das ist angesichts der enorm gestiegenen Informationsmöglickeiten, die das Web 2.0 bietet, erschreckend. Nicht umsonst finden sich in unseren Balanced Scorecards meist eine gesonderte Kommunikationsperspektive und hier insbesondere strategische Ziele zur systematischen Markt- und Konkurrenzanalyse.
Frage 8:
Auch die Entscheidungskultur in den befragten Unternehmen deckt sich mit den Ergebnissen für die gesamte Prozessperformance. Auffällig ist allerdings der Wert für die Antwortgruppe 5 mit fast 20%. die Beantwortung hat allerdings eine stark subjektive Komponente. Unsere Kontrollgruppe mit dem ipsatorischen Fragenset zeigt eine insgsamt etwas schlechtere Performance im Bereich der strategisch relevanten Entscheidungen. Der Durchschnitt liegt hier nur bei mäßigen 6 Punkten von 10 möglichen.
Frage 9:
Die Antworten zum Einsatz von sinnvollen Managementinstrumenten zeigt, dass sich das Management insgesamt gut mit Managementwerkzeugen ausgestattet fühlt. Allerdings liegt mit 51,2 % mehr als die Hälfte der Antworten im Bereich "unzureichend", die Antworten mit "1" nicht hinzugezählt. Die Performanceklassen 7 und 8 liegen mit jeweils etwa 25% der Antworten etwa gleichauf, so dass eine abschließende Interpretation schwer fällt. Leider gibt auch unser Paralleltest hierzu keine eindeutigen Antworten. Wir vermuten aber aus der Praxis, dass sich die guten Antworten aus den weitverbreiteten ERP Systemen (SAP und dergleichen) ergibt. Die Antworten, die eine eher wenig zufriedenstellende Versorgung mit Managementwerkzeugen hinweisen, resultieren zumeist aus dem Wunsch, mehr Instrumente zur Strategiefindung und zum Strategiecontrolling zur Verfügung zu haben. Dies war seinerzeit exakt der Wunsch der Controlling-forschungsgruppe rund um das Nolan Institute mit David Norton und Robert Kaplan, was zu Einführung der Balanced Scorecard Methode führte.
Frage 10:
Die Antwortengruppe zur ständigen Überprüfung der Managementprozesse zeigt, dass die guten bis sehr guten Unternehmen solche "Lern"prozesse anwenden. Dies ist zudem regelmäßig bei ISO zertifizierten Unternehmen der Fall. Allerdings sagen auch fast 2/3 der Unternehmen in den Antwortgruppen 5 und 6 aus, dass sie nur unzureichend solche "Lern"prozesse institutionalisiert haben. Das Ergebnis zur Fragengruppe 10 zeigt insgesamt erhebliche Verbesserungspotenziale auf.